Seltene Jubelbandempfänger wurden geehrt.

Die Liste der Jubelbandempfänger des Jahres 2014 ziert eine Besonderheit, wie sie wohl nur selten in couleurstudentischer Geschichte vorkommt. Sechs Bundesbrüder Alpenlands erhalten heuer das 120-Semester-Band, alle mit demselben Receptionsdatum 18. Juni 1954 !

Rasch wurde der Grund ermittelt, bei diesem Datum handelt es sich um das Aufnahmedatum jener Bundesbrüder, die von der Verbindung Liechtenstein in die Reihen Alpenlands gefunden haben.

Wie kam es eigentlich zur Aufnahme der Liechtensteiner ?

Die bereits 1947 als katholische Mittelschulverbindung gegründete Liechtenstein hatte ihre erste Bude ab 1951 in der Lange Gasse 26, und war damit in der Nachbarschaft Alpenlands angesiedelt.

Die Verbindungsfarben Liechtensteins waren Blau-Gold-Schwarz mit goldenem Vorstoß.

Es wurden rasch Kontakte zwischen Alpenland und Liechtenstein geknüpft. Vor allem die schwarzen Fläuse Alpenlands passten auch bestens zum schwarzen Deckel aus Samt der Liechtenstein, und wurden gerne zum Chargieren ausgeborgt.

Die Liechtensteiner zeichneten sich neben ihren klassischen couleurstudentischen Aktivitäten aber vor allem durch Ihr soziales Engagement aus. Dies bewiesen sie anfangs durch Ihre langjährige ununterbrochene Tätigkeit in der Bahnhofsmission Süd. Oft waren bis zu sechs Liechtensteiner pro Woche im unermüdlichen Einsatz. Ihr Ruf war gut und bald wurden sie auch auf andere Missionen Wiens gerufen, um die immer öfter werdenden Personalausfälle zu kompensieren.

Bereits im Jahr 1949 wurde am KC der Liechtenstein der einstimmige Beschluss gefasst, die Liechtenstein in eine Hochschulverbindung KÖHV Liechtenstein umzuwandeln und die Aufnahme in den  Cartellverband anzustreben. Dieses Bestreben mündete in einem Antrag an die 12. CVV 1954, die KÖHV Liechtenstein als befreundete Verbindung des ÖCV aufzunehmen.

Die Verbandsführung des ÖCV hat in einer Stellungnahme zum Antrag Liechtensteins einer Neuaufnahme einer weiteren Verbindung auf Wiener Boden nicht zugestimmt. Statt dessen hat die Verbandsführung vorgeschlagen, im Sinne der Vermeidung der Zersplitterung katholischer Kräfte,  einen Beitritt zu einer bestehenden ÖCV-Verbindung in Erwägung zu ziehen. Die KÖHV Liechtenstein hat nach eingehenden Beratungen diese Argumente als berechtigt anerkannt und zog eine Fusion mit der KÖHV Alpenland in Betracht. Der Status der Mitgliedschaft aller Liechtensteiner – Fux, Bursch, AH – sollte nach der Fusionierung weiterbestehen.

So wie es heutzutage auf jeder CVV erlebt werden kann, wurde auch vor 60 Jahren gerne um des Kaisers Bart gestritten, pardon es muß natürlich heißen, es wurde allen juristischen Notwendigkeiten Sorge getragen. Denn Recht muss Recht bleiben, notfalls ändert man einige Paragraphen. Nach einer offenbar zielorientierten Diskussion über die Wünsche der Liechtensteiner und Alpenländer wurde vom damaligen ÖCV-Rechtspfleger jedoch befunden, dass eine En-bloc-Aufnahme der Liechtensteiner in besonders krasser Weise unseren obersten Prinzipien widerspricht. Da würden dann Alpenländer plötzlich zu AHAH gemacht, ohne jemals eine Fuchsenzeit absolviert zu haben!

Das hat gesessen, Paragraphen wollte man wegen Alpenland auch keine ändern, somit wurde dann um einen Kompromiss gerungen. Nach etlichen wunderbar begründeten Zweifeln, Einsprüchen und Diskussionen, Anträgen und zurückgezogenen Anträgen konnte man sich dann letztendlich auf folgende Vorgangsweise verständigen. Zu dem bereits bestehenden Hauptantrag Liechtensteins, vom ÖCV als befreundete Verbindung anerkannt zu werden, stellte NdW einen Zusatzantrag, wonach die Mitglieder von Liechtenstein bis Ende des Jahres 1954 nach den Regeln der bestehenden CO zu Alpenland übertreten, also bei Alpenland recipiert werden, und sich die Verbindung Liechtenstein sodann bis Ende 1954 auflöst. Der Rechtspfleger ließ verlauten, dass dies der CO entspricht.

Haupt- und Zusatzantrag wurden angenommen. Dieses Kasperltheater ist übrigens im Protokoll der XII. CVV 1954 nachzulesen und kann als CVV-Vorbereitung auch heutzutage noch dienen. Danke ÖCV!

Letztendlich lag also alles in der eigenen Verantwortung Alpenlands! Von den ursprünglich ca. dreißig Mitgliedern Liechtensteins wurden dann jene sechzehn Mitglieder, die noch zum ÖCV übertreten wollten, am 18. Juni 1954 en-bloc und CO-konform bei Alpenland recipiert. Nach der Sommerpause und einem Wechsel des Vororts wurde dann im Schnellverfahren geburscht und philistriert, sodass die vom Verstand gebotene Ordnung bis Ende 1954 wieder hergestellt wurde. Danke Alpenland!

Leider sind in den letzten Jahren einige unserer Bundesbrüder aus der damaligen Zeit von uns gegangen – Fiducit liebe Brüder! – es sind uns aber noch sechs Bundesbrüder erhalten geblieben.

120-Semester-Jubelbandempfänger (recipiert am 18.6.1954):

Schwarzenberg

Hofer

Laudon

Wallenstein

Strauß

Rüdiger

weiters wurde am 11.11.1954 recipiert:

Jimmy

Im Rahmen der sehr gut besuchten Festkneipe „60 Jahre Liechtenstein“ haben wir dem denkwürdigen Jahr 1954 und all seinen Ereignissen von damals gedacht. Den persönlich anwesenden Jubilaren Bbr. Strauß und Bbr. Rüdiger haben wir die 120-Semester-Jubelbänder verleihen dürfen. Bundesbruder Schwarzenberg haben wir am Nachmittag vor der Kneipe in seinem Pflegeheim besucht und das Jubelband unter Einhaltung couleurstudentischer Tradition verliehen.

Vielen herzlichen Dank an alle Bundesbrüder, die so zahlreich teilgenommen und zum Erfolg dieser Veranstaltung mitgewirkt haben. Selten habe ich eine so schöne generationenübergreifende Verbundenheit gefühlt. Alpenland, ad multos annos !