Dollfuß war glühender Patriot für ein eigenständiges Österreich.
„Engelbert Dollfuß – Arbeitermörder oder Heldenkanzler?“ war der Titel des am 17 03 2014 abgehaltenen AC auf unserer Bude. Dass die Person Dollfuß nachwievor viele Österreicher polarisiert, zeigte die rege Teilnahme vieler Bundes- und Cartellbrüder. Abgesehen von einer großen Anzahl an Alpenländern besuchten unsere Bude Vertreter der K.Ö.H.V. Kürnberg, welche den AC zum Zwecke eines Fuchsenausfluges nutzten, sowie Vertreter der K.Ö.H.V. Rugia und K.Ö.L. Starhemberg.
Als Vortragende für diesen AC hat sich dankenswerter Weise Frau Dr. Gudula Walterskirchen zur Verfügung gestellt, welche aufgrund ihrer vielfältigen Tätigkeit als Journalistin und Historikerin, sowie durch die Recherchen zum Buch „Engelbert Dollfuß – Arbeitermörder oder Heldenkanzler?“ über ein entsprechend fundiertes Wissen verfügt.
Das Auditorium sollte gleich zu Beginn des Vortrages über die Schwierigkeiten und Herausforderungen, mit denen sich Dr. Walterskirchen konfrontiert sah, informiert werden. Laut Dr. Walterskirchen ist die Person Engelbert Dollfuß noch immer derart umstritten, dass es für renomierte Historiker unverfänglicher erscheint sich mit Hitler als mit Dollfuß auseinanderzusetzen. Da mittlerweile auch das Geschichtsstudium und die einschlägigen Verlage von eher linker Seite dominiert werden, gestaltete sich die Suche nach objektiver, unverfälschter Information ähnlich schwierig wie jene nach einem publizierenden Verlag.
Das Besondere am Vortrag war, dass Frau Dr. Walterskirchen ein Bild Dollfuß‘ abseits linker „Einfärbung“ gezeichnet hat und durch Hinterfragen gewisser verkrusteter Sichtweisen Engelbert Dollfuß in ein durchaus anderes Licht rückte.
Kern ihrer Ausführungen war, dass es unabdingbar ist Dollfuß nicht aus unserer heutigen, sondern aus der damaligen Sichtweise bzw. Zeit zu beurteilen. Es ist wichtig die Handlungen Dollfuß‘ am durch die damals vorherrschenden gesellschaftlichen, politischen und ideologischen Zwänge beeinflussten Wertemaßstab zu messen.
Nach dieser Sensibilisierung erörterte Dr. Walterskirchen mehrere Eckpfeiler, welche das Handeln Dollfuß‘ charakterisierten und entsprechend in eine Bewertung seiner Persönlichkeit mit einfließen müssen.
- Bis zur Übernahme des Ministeramtes war Dollfuß kein Politiker, weshalb er über nur bedingt nützliche politische Erfahrungen verfügte.
- Durch seine geringe politische Erfahrung hatte Dollfuß nicht die Möglichkeit sich die für Politiker typische „dicke Haut“ anzueignen. Er war schnell gekränkt und auch sehr nachtragend, was seinen Umgang mit den Sozialisten nachhaltig prägte.
- Dollfuß war tiefgläubig. Seine gescheiterte Berufung als Priester versuchte er in die politische Berufung übertragen, indem er mit dem christlichen Ständestaat quasi ein Königreich Gottes auf Erden verwirklichen wollte. Er sah dies als Sendungsauftrag gegen antiklerikale Strömungen, weshalb er weniger Politiker als vielmehr Missionar war.
- Dollfuß war glühender Patriot für ein eigenständiges Österreich und lehnte deshalb – nicht zuletzt auch aufgrund der antiklerikalen Einstellung der Nationalsozialisten – den Nationalsozialismus ab.
- Dollfuß durchlief eine Wandlung vom Republikaner zum Monarchisten. Er unternahm Bestrebungen die Habsburger wieder an die Spitze einer konstitutionellen Monarchie einzusetzen.
- Der Bruch mit den Sozialisten entstand, da diese ihre parteipolitischen bzw. parteiinternen Interessen vor das Wohl Österreichs stellten und sich durch geschickte Blockadepolitik den Fall Dollfuß‘ erhofften um im Anschluss selbst wieder die Macht übernehmen zu können.
- Die Einführung der Todesstrafe erfolgte nicht als Maßnahme gegen die Sozialisten, sondern vielmehr als Mittel gegen die durch die Nationalsozialisten organisierte Terrorwelle.
- Auch wenn der Vorfall am Karl Marx Hof zum Höhepunkt der nationalsozialistischen Terrorwelle kam und die Todesstrafe zur „Abwehr“ des Terrors eingeführt wurde, so ist die Hinrichtung der sozialistischen Rädelsführer für Dr. Walterskirchen nicht nachvollziehbar.
Nachdem Frau Dr. Walterskirchen das Auditorium für gute 75 Minuten in ihren Bann gezogen hatte, stand sie in der anschließenden Diskussion noch Rede und Antwort, um diverse spezifische Aspekte des Vortrages noch zu vertiefen.
Nach der offiziellen Beendigung des sehr gelungenen ACs nützten interessierte Leser noch die Möglichkeit ein von Frau Dr. Walterskirchen signiertes Exemplar des oben genannten Buches zu erwerben und mit ihr noch vertiefende Fachgespräche zu führen.
Hinterlasse einen Kommentar